Wie interpretiere ich eine ANOVA?

Wie interpretiere ich eine ANOVA?

In diesem Artikel erkläre ich dir, wie du die Effekte einer ANOVA interpretierst und welche Arten von ANOVAs es gibt. 

Die ANOVA ist eines der am häufigsten verwendeten statistischen Verfahren in der Medizin.

 

Sie ist sehr effektiv und erspart dir eine Menge Probleme, sobald du mehr als zwei Gruppen oder zwei Zeitpunkte miteinander vergleichen möchtest.

 

In dieser Artikelreihe erkläre ich dir deshalb wie ANOVAs funktionieren, welche Effekte es innerhalb der ANOVA gibt und welche 3 Typen der ANOVA du kennen solltest.

In diesem ersten Artikel stelle ich dir das allgemeine Konzept hinter der ANOVA vor und welche Effekttypen sie umfasst. Eine ANOVA korrekt zu berechnen und zu interpretieren, ist ohne dieses Wissen nicht möglich. Daher ist es wichtig, dass du diesen Artikel zuerst liest.

 

Hast du die Effekte der ANOVA verstanden, kannst du im nächsten Schritt überlegen, welcher ANOVA-Typ der richtige für dich ist und in den ANOVA-spezifischen Artikeln nachlesen, wie du ihn korrekt durchrechnest.

Die Grundlagen der ANOVA

Innerhalb der ANOVA testest du den Einfluss einer oder mehrerer nominaler Variablen auf eine metrische Variable.

 

Wir schauen also z. B., ob Variablen wie die gegebene Schmerzmittel eines Patienten (nominal) einen Einfluss auf sein Schmerzempfinden (metrisch) hat. 

 

Du siehst sicher schon, dass diese nominale Variable relativ gut in Klassen einteilbar ist. Man hat also entweder Paracetamol oder Ibuprofen bekommen. Zwischenformen gibt es nicht. Somit gehören Patienten in innerhalb der ANOVA entweder der einen oder anderen Gruppe an. Und der Einfluss dieser Gruppe wird dann geprüft.

 

Die Gruppenvariable nennen wir im Rahmen der ANOVA auch Faktor (in diesem Fall: das Schmerzmittel). Die einzelnen Ausprägungen des Faktors (Paracetamol vs. Ibuprofen) nennen wir Faktorstufen. Und weil nur wir die Faktorstufen innerhalb unserer Studie beliebig manipulieren können, nennt man den Faktor auch die unabhängige Variable.

Im Gegenzug dazu gibt es innerhalb der ANOVA die abhängige Variable. Sie ist die Variable, bei der wir einen Effekt erwarten, sobald wir die Ausprägungen der unabhängigen Variable(n) verändern.

 

Wir geben also Paracetamol oder Ibuprofen und schauen dann, wie sich das auf das Schmerzempfinden auswirkt.

 

Im Fall der ANOVA ist die abhängige Variable metrisch skaliert. Metrische Variablen sind gleichmäßig skaliert, d. h. alle Einheiten haben den gleichen Abstand zueinander (1 cm ist genauso weit von 2 cm entfernt, wie 77 von 78 cm). Typische metrische Variablen sind das Alter, das Gewicht oder die Körpergröße. 

Fazit: 

Im Rahmen der ANOVA prüfen wir also, wie sich die Effekte einer nominal skalierten Variablen auf eine metrisch skalierte Variable auswirken.

Flowchart

ANOVA für Gruppenvergleiche

Das Design der ANOVA

 

„Aber ist das nicht genau das Gleiche wie beim t-Test?“

Ja und nein. Das Tolle an der ANOVA ist nämlich, dass du anders als bei einem t-Test nicht nur zwei Gruppen miteinander vergleichen kannst, sondern auch 3 oder 4, oder soviele du willst.

 

Aber es kommt noch besser: Die ANOVA erlaubt dir nicht nur den Einfluss eines Faktors zu testen, sondern mehrerer! 

Ihre Ergebnisse zeigen dir also nicht nur den Effekt eines einzelnen Faktors an (wie z.B. der t-Test) , sondern auch die Effekte mehrerer Faktoren oder sogar deren Kombinationen! Das meine ich mit effektiv!

 

Du könntest also testen, ob die Wirkdauer des Schmerzmittels A oder B davon abhängig ist, wie hoch die verabreichte Dosis war (auch hier wieder nominalskaliert als niedrige, mittlere und hohe Dosis).

 

Das ist praktisch, denn anders als in einem einfachen t-Test, der dir nur den Vergleich eines Faktors mit zwei Stufen erlaubt (= den Vergleich zweier Gruppen), kannst du innerhalb der ANOVA recht komplexe Effektstrukturen aufbauen, indem du mehrere Faktoren mit vielen Faktorstufen kombinierst.

 

Hier siehst du unser Beispiel – die Kombination der Faktoren Schmerzmittel und Dosis:

 

Diagramm zur Darstellung der Untergruppen in einer ANOVA für Grupenvergleiche
Diagramm zur Darstellung der Untergruppen in einer ANOVA für Grupenvergleiche (Gruppen: Schmerzmittel A und B in Kombination mit Höhe der Dosis)

 

Allerdings – und das siehst du wahrscheinlich auch sofort – resultiert die Kombination verschiedener Faktoren in sehr vielen Untergruppen, in diesem Fall 6, die du alle mit ausreichend vielen Patienten füllen musst, damit die ANOVA sinnvolle Ergebnisse liefern kann.

 

Das ist Nachteil hat die ANOVA: Du musst genauso viele Untergruppen mit Patienten befüllen, wie sich aus der Kombination der einzelnen Faktoren samt ihrer Faktorstufen ergibt. Es ist nicht möglich, Untergruppen leer zu lassen!

 

Daher rate ich dir während deiner Studienplanung darauf zu achten, nicht mehr als zwei Faktoren mit nicht mehr als 4 Unterstufen im stufenreichsten Faktor einzuplanen. Allein diese Kombination würde schon in mindestens 8 Untergruppen resultieren, für die du ausreichend viele Patienten rekrutieren müsstest. Je komplexer dein Design also ist, desto schwieriger wird es.

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Die Effekte der ANOVA

 

In unserer Beispiel-ANOVA testest du 2 Faktoren, die in insgesamt 3 Effekten resultieren:

 

1. dem Haupteffekt „Schmerzmittel“:
Unterscheiden sich beide Schmerzmittel bzgl. ihrer Wirkdauer, ganz unabhängig davon, welche Dosis gegeben wurde.

2. dem Haupteffekt „Dosis“:
Unterscheidet sich die Wirkdauer zwischen den 3 gegeben Dosierungen, ganz unabhängig von dem gegebenen Schmerzmittel.

3. der Interaktion „Schmerzmittel x Dosis“:
Unterscheidet sich die Wirkdauer zwischen den verschiedenen Dosierungen in Abhängigkeit vom gegebenen Schmerzmittel?

 

Du siehst also es gibt Haupteffekte, die den Effekt eines jeden Faktors einzeln betrachten, ganz unabhängig von Ausprägungen des anderen Faktors.

 

Der Haupteffekt „Schmerzmittel“ zeigt dir also, ob sich die Wirkdauer von Ibuprofen und Paracetamol generell unterscheidet – ob die Dosis dabei hoch, mittel oder niedrig war, wird nicht berücksichtigt.

 

Genauso ist es auch beim Haupteffekt Dosis, hier wird nur ganz allgemein getestet, ob wie sich die gegebene Dosis auf die Wirkdauer auswirkt, welches Medikament gegeben wurde, ist dabei irrelevant.

 

Aber wollten wir nicht eigentlich wissen, ob die Kombination beider Faktoren einen wichtigen Einfluss auf die Wirkdauer hat?

Ganz genau. Richtig interessant wird es erst, wenn wir prüfen, ob sich die Wirkdauer zwischen den drei Dosierungen je nach Schmerzmittel unterscheiden.

 

Und genau das ist unser Interaktionseffekt.

Er zeigt dir an, ob die Kombination aus beiden Faktoren einen systematischen Effekt auf deine abhängige Variable hat. Und das wollen wir ja wissen – sonst hätten wir uns die Mühe mit den verschiedenen Faktoren ja nicht gemacht. Die Haupteffekte sind somit oft Beiwerk, das wir interpretieren, wenn die Interaktion nicht signifikant geworden ist.

Aber was heißt das eigentlich, wenn Haupteffekte oder Interaktionen signifikant werden?

 

Prinzipiell alles und nichts. Das Besondere an der ANOVA ist nämlich, dass sie ein übergeordneter Test ist. Ihre Effekte sagen uns nur, DASS da irgendwo innerhalb der Haupt- bzw. Interaktionseffekte systematische Unterschiede zwischen den Gruppen versteckt sind, sie sagen uns aber nicht WO.

Signifikante Haupteffekte bzw. Interaktionen geben uns somit zuerst einmal die Erlaubnis, dort, wo die Signifikanz aufgetreten ist, genauer nachzuschauen, wo die Effekte genau liegen. Und zwar mit Hilfe von direkten Vergleichen in Form von t-Tests oder aber über geplante Kontraste – je nachdem, ob du vorab Hypothesen definiert hast und welches Verfahren dir lieber ist.

 

Wichtig dabei zu wissen ist, dass du im Falle einer signifikanten Interaktion weitere signifikante Haupteffekte ignorieren kannst. Das liegt daran, dass eine signifikante Interaktion darauf hindeutet, dass sich der wirklich bedeutsame Effekt nur in manchen Faktorstufenkombinationen abspielt, in anderen aber nicht. Das könnte z.B. der Fall sein, wenn die Wirkdauer nur bei einem der beiden gegebenen Schmerzmittel mit höherer Dosis stetig ansteigt, bei dem anderen Medikament aber nicht.

 

Interpretierst du also trotz einer signifikanten Interaktion den Haupteffekt Dosis, weil sich der Effekt des einen Schmerzmittels in diesem „Gemisch“ beider Schmerzmittel durchsetzt, dann erliegst du fälschlicherweise dem Eindruck, dass eine höhere Dosis immer eine längere Wirkdauer zur Folge hat, egal welches Medikament gegeben wurde. Und das ist natürlich verkehrt und würde zu völlig falschen Therapieempfehlungen führen.

 

In diesen Grafiken wird das noch mal deutlich: 

Abb. 1. Interaktion Schmerzmittel x Dosis: Sie zeigt dir, dass nur Ibuprofen einen Dosiseffekt hat (höhere Dosis = längere Wirkdauer), Paracetamol dagegen nicht (die Wirkdauer ist immer gleich lang, egal wie hoch die Dosis war). Das ist natürlich ein ausgedachtes Extrembeispiel und hat nichts mit der wirklichen Wirkdauer beider Mittel zu tun.

ANOVA für Gruppenvergleiche: Grafik zu Effekt Wirkdauer und Dosis

Abb. 2. Haupteffekt Dosis: Hier siehst du die gleichen Daten noch einmal, allerdings ohne eine Unterteilung nach Medikament. In diesem Fall mittelt sich der Effekt von Ibuprofen in den Haupteffekt, sodass es so aussieht, als ob es einen generellen Effekt der Dosis gibt, ganz egal welches Medikament gegeben wurde. Das ist natürlich falsch.

Das heißt also (ich wiederhole das lieber mehrfach): Im Falle einer signifikanten Interaktion zweier Faktoren, solltest du unbedingt auf die Interpretation signifikanter Haupteffekte verzichten und dich lieber darauf konzentrieren herauszufinden, worin genau die Effekte der Interaktion begründet sind.

 

Das machst du mit Hilfe von so genannten Post-hoc-Tests, falls du keine Hypothesen hast, wo die Unterschiede liegen könnten. Hast du genaue, vorab definierte Annahmen kannst du geplante Kontraste verwenden, die du gleich in einem Rutsch im Rahmen der ANOVA mit testest.

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Überprüfung der Interaktion anhand ungepaarter T-Tests

 

Schritt 1:
Um den Einfluss der Dosis auf die Wirkdauer für beide Medikamente einzeln zu testen könntest du ungepaarte T-Tests zwischen der geringen und der mittleren, sowie der mittleren und der hohen Dosis rechnen – allerdings getrennt nach Medikamenten (hierfür benutzt du am besten Filter).

Dort wo du signifikante Ergebnisse  in den t-Tests findest liegt dein Effekt. Schau dir für diese Gruppen einfach die Mittelwerte der deskriptiven Statistik an und schon weißt du, wie du die Signifikanzen interpretieren kannst.

 

Schritt 2:
Um die Unterschiede zwischen den Medikamenten innerhalb jeder einzelnen Dosierung zu testen, vergleichst du die Wirkdauer von Schmerzmittel A und B separat für jede Dosis (auch hier setzt du Filter für die jeweilige Dosierung).

 

 

Ist deine Interaktion nicht signifikant, konzentrierst du dich auf die weitere Testung der Haupteffekte. Ist einer von ihnen signifikant, vergleichst du die Faktorstufen des entsprechenden Faktors ebenfalls mit t-Test. In diesem Fall kannst du aber auf das Herausfiltern von Untergruppen des anderen Faktors verzichten.

 

Möchtest du also den signifikanten Haupteffekt Dosis interpretieren, vergleichst du einfach die drei Dosierungen mit Hilfe von t-Tests untereinander. Ob dabei Paracetamol oder Ibuprofen gegeben wurde, musst du nicht mehr berücksichtigen, da die nicht-signifikante Interaktion dir gezeigt hat, dass der Effekt der Dosierung nicht vom gegebenen Schmerzmittel abhängt.

 

Noch einfacher wäre es bei einem signifikanten Haupteffekt Medikament. Da hier nur zwei Gruppen zu vergleichen wären müsstest du gar nichts weiter tun, als dir zur Interpretation des Effekts die Mittelwerte der deskriptiven Statistik anzusehen. Das liegt daran, dass ein zweistufiger Haupteffekt vom Prinzip her nichts anderes ist als ein t-Test, auch wenn die Teststatistik eine andere ist.

 

Ist nur einer der Haupteffekte signifikant, kannst du den anderen einfach ignorieren. Sind beide signifikant, musst du beide interpretieren und nachtesten.

 

Fazit:

Eine ANOVA interpretierst du immer hierarchisch. Ist die Interaktion signifikant, interpretierst du nur diese anhand von post-hoc Tests. Die Haupteffekte darfst du ignorieren.

 

Ist die Interaktion nicht signifikant, gehst du „eine Ebene tiefer“ und schaust du dir an, welche der Haupteffekte signifikant sind und differenzierst diese dann anhand weiterer T-Tests aus. Alle nicht signifikanten Haupteffekte können ebenfalls ignoriert werden.

 

Die Richtung der jeweiligen Untertests kannst du dann anhand von Grafiken oder der deskriptiven Statistik interpretieren.

 

 

Vorteile der ANOVA

 

Nun fragst du dich sicher, warum du denn überhaupt die ANOVA brauchst, wenn du innerhalb der post hoc-Tests trotzdem so viele t-Tests rechnen sollst.

 

Wie schon erklärt ist die ANOVA ein übergeordnetes Verfahren, ich nenne sie deshalb auch gerne einen globalen Test oder ein Gatekeeper-Verfahren. Diese Namen habe ich mir ausgedacht, aber ich finde sie sehr treffend.

 

Die ANOVA sondiert für dich vor, ob und wo genau du nach Unterschieden suchen sollst. Ist die Interaktion nicht signifikant, weil sich vielleicht beide Medikamente entlang der Dosierungen ähnlich verhalten (= Haupteffekt Dosierung signifikant), kannst du sofort damit beginnen, die geringe mit der mittleren, und die mittlere mit der hohen Dosis zu vergleichen – und zwar unabhängig von der Gruppe. So hast du dir mit einem Schlag diverse t-Tests gespart und das Risiko von Zufallsbefunden deutlich gesenkt.

 

Ähnlich verhält sich auch mit deinem zweiten Faktor Schmerzmittel. Ist die Interaktion nicht signifikant, schaust du, ob sich die Medikamente ganz unabhängig von der gegebenen Dosis voneinander unterscheiden.

 

Das ist zwar ein etwas gröberer Befund, bringt dir aber trotzdem noch einen großen Informationsgewinn.

 

Sind weder die Interaktion noch die Haupteffekte signifikant, kannst du direkt zur nächsten Hypothese wechseln und das Thema abhaken. Somit sparst du in den allermeisten Fällen sehr viel Zeit. Ganz zu schweigen davon, dass deine Gutachter die ANOVA erwarten, weil sie einfach Standard ist.

 

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Die 3 Arten der ANOVA:

 

Es gibt 3 verschiedene Typen der ANOVA, die ANOVA für Gruppenvergleiche, die ANOVA für Messwiederholungen und die ANOVA für Gruppevergleiche x Messwiederholungen.

Natürlich haben die in echt etwas kompliziertere Namen, aber ich finde eine bildliche Beschreibung nicht schlecht.

 

1. Die ANOVA für Gruppenvergleiche:

…wird auch Zwischensubjekt-ANOVA oder Between-Subjects-ANOVA genannt.

Innerhalb der ANOVA für Gruppenvergleiche vergleichen wir verschiedene Patientengruppen miteinander. Wichtig ist dabei, dass jeder Patient nur einer Gruppe angehören kann. Kommt ein Patient mehr als einmal vor, liegt eine Messwiederholung vor und dann ist dies nicht die richtige Art von ANOVA für deine Fragestellung. Ein typisches Beispiel wäre die obige Fragestellung, in der wir die Wirkung verschiedener Medikamente und ggf. verschiedenen Dosierungen auf das Schmerzempfinden prüfen.

 

2. Die ANOVA für Messwiederholung:

….auch Innersubjekt-ANOVA oder repeated-measures-ANOVA genannt.

Sie benutzt du immer dann, wenn du dieselbe Gruppe von Patienten immer wieder gemessen hast. Ein Beispiel wären Patienten, deren Schmerzscore du in den ersten 3 Tagen post-OP immer wieder erhebst und vergleichst. Auch hier könntest du einen zweiten oder dritten Faktor mit aufnehmen, wenn du z. B. den Effekt EINES Schmerzmittels auf die Schmerzen innerhalb der ersten 3 Tage post-OP erheben wollen würdest und die Patienten jeweils vor und 1h nach der Schmerzmittelgabe fragen würdest, wie hoch ihre Schmerzen sind. Solange du also immer dieselben Patienten mehrfach misst, bist du bei der ANOVA für Messwiederholung richtig.

 

3. die ANOVA für Messwiederholung x Gruppenvergleiche:

…auch mixed model-ANOVA genannt.

Diesen Typ der ANOVA benutzt du wahrscheinlich am häufigsten. Er wird in der Medizin immer dann verwendet, wenn du verschiedene Gruppen über verschiedene Zeitpunkte immer wieder misst. Ein typisches Beispiel wären Patienten mit derselben Diagnose, die aber unterschiedliche Behandlungen bekommen und deren Behandlungserfolg du nach 1, 2 und 3 Monaten wiederholt erhebst.

 

Hast du deinen ANOVA-Typ erkannt? Dann lies im nächsten Schritt, wie du die entsprechende ANOVA berechnest.

 

So berechnest und berichtest du die ANOVA für Gruppenvergleiche in 9 Schritten

So berechnest und berichtest du die ANOVA für Gruppenvergleiche in 9 Schritten

Unser Studienbeispiel:

Nehmen wir noch mal unser hypothetisches Beispiel aus dem ersten Teil unserer Artikelserie zu ANOVA. Wir möchten testen, ob sich die Schmerzmittel Paracetamol und Ibuprofen bzgl. ihrer Wirkdauer unterscheiden. Aber nicht nur das. Wir möchten ebenfalls testen, ob die gegebene Dosis (hoch, mittel, niedrig) einen Einfluss auf die Wirkdauer besitzt. Aber am allermeisten interessiert uns, ob der Effekt der Dosis vielleicht sogar unterschiedlich ist, je nachdem welches Schmerzmittel gegeben wurde.

 

Dafür bilden wir 6 verschiedene Patientengruppen, die jeweils eines der beiden Medikamente bekommt und eine der drei Dosierungen. Jeder Patient kommt also genau einmal innerhalb der Studie vor.

 

Aus diesen 2 Faktoren resultieren verschiedene Effekttypen, die ich dir in Teil 1 dieser Artikelserie genau erklärt habe. Dort habe ich auch alle Begriffe erläutert. Hast du diesen Artikel also noch nicht gelesen, würde ich dir empfehlen, damit zu starten.

Schön, dass du wieder da bist. Nun geht’s weiter.

Kommen wir nun also zur rechnerischen Seite der ANOVA für Gruppenvergleiche. 

Hier möchte ich dir vorab schon mal alle Ängste nehmen: Alles, was ich dir jetzt erkläre, ist auch für dich absolut machbar, denn wir haben als Follow-up zu diesem Artikel gezielt Kursmaterialien entwickelt, die du auf deine Daten easy peasy anwenden kannst. Es geht mir in diesem Artikel daher nur darum, dass du die einzelnen Schritte der ANOVA für Gruppenvergleiche verstehst.

 

Bevor du startest:

Lade dir zuerst unser kostenloses Flowchart herunter. Dort sind alle Schritte der ANOVA für Gruppenvergleiche aufgeführt. So verlierst du nie den Überblick und weißt immer genau, welches Verfahren du wann rechnen musst.

Flowchart

ANOVA für Gruppenvergleiche

Schritt 1 – Die Vorbereitung deines Datenfiles

 

Schritt 1 ist immer der bedeutenste: Wir bringen Ordnung in dein Datenfile. Das ist immens wichtig, da jedes statistische Verfahren spezielle Anforderungen an das zugrundeliegende Datenfile stellt. Ist diese Ordnung falsch, funktioniert die Analyse nicht.

 

Die ANOVA für Gruppenvergleiche erfordert eine ID-Variable, sowie für jeden Faktor eine weitere Variable, die für jeden Patienten die ihm zugeordnete Faktorstufe enthält. Hier würdest du z.B. für den Faktor Medikament für jeden Patienten eintragen, ob er Paracetamol oder Ibuprofen erhalten hat. Für die Dosierung würdest du eintragen ob der Patient eine hohe, mittlere oder niedrige Dosierung bekommen hat.

 

Weiterhin benötigst du eine Variable, die die abhängige Variable enthält, also die beim Patienten gemessene Angabe zur Wirkdauer. Hast du das erledigt, ist dein Datenfile fertig.

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Schritt 2 – Deskriptive Statistik

 

Es ist immer gut einen Überblick über die eigenen Daten zu bekommen. Daher solltest du in Schritt 2 eine deskriptive Statistik mit Mittelwerten und Standardabweichungen für jede Gruppe innerhalb deiner Daten erstellen. Prüfe außerdem, ob dein Datensatz Ausreißer enthält. Falls ja, solltest du übelegen, was dahintersteckt. Sind Messfehler enthalten, oder ist dein Patient wirklich so krank, schwer oder groß? Weiterhin solltest du dir eine Grafik über alle Faktorstufen erstellen, damit du schon mal grob siehst, wie die Effekte aussehen. 

ANOVA für Gruppenvergleiche: Liniendiagramm

Schritt 3 – Berechnung der ANOVA für Gruppenvergleiche

 

In Schritt 3 berechnest du die ANOVA nun erstmals ganz konkret. Du bekommst dabei 3 Effekte: die Haupteffekte Schmerzmittel und Dosis, und den Interaktionseffekt, der beide Faktoren kombiniert. Was diese Effekte bedeuten und welche der wichtigste ist, erklären wir dir in Teil 1 dieser Artikelserie.

 

Die Berechnung der ANOVA erfolgt je nach verwendeter Software unterschiedlich. Wir berechnen sie in diesem Beispiel in R mit dem Paket aov (). Das ist ganz einfach, besonders, wenn man wie wir hier, automatische Vorlagen verwendet, in die man einfach nur seine Variablennamen eintippen muss. Wie das geht zeigen wir dir in unserem ANOVA-Kurs für Gruppenvergleiche, der dich Schritt-für-Schritt durch die ANOVA führt bis hin zu Vorlagen für deinen ANOVA-Bericht im Ergebnis- und Methodenteil. Da dir unser Kurs alle Arbeit abnimmt, gehen wir hier nicht auf die Einzelheiten des R-Codes ein.

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Schritt 4 – Prüfen der Annahmen

 

Nachdem du die ANOVA berechnest hast, prüfst du im nächsten Schritt, ob du sie überhaupt rechnen durften. Dieses Vorgehen ist zwar falsch herum, aber tatsächlich funktioniert das Prüfen der Annahmen der ANOVA viel besser, wenn man sie schon gerechnet hat. Und wir wollen doch so effizient wie möglich vorgehen, oder?

 

Hier sind folgende Kriterien wichtig:

1. Sind unsere Daten normalverteilt?

Um das zu beurteilen, kannst du QQ-Plots und den Shapiro-Wilk-Test nutzen (weiteratmen, mit unserem Kurs machst du das in 2 Minuten).

2. Liegt eine Varianzhomogenität vor?

Das sagt uns der Levene‘s Test, ist er nicht signifikant ist alles gut.

 

Hier teilt sich nun die Analyse in zwei Ströme auf, die aber vom Prinzip her sehr ähnlich sind.

Werden die Annahmen der ANOVA erfüllt oder sind deine Gruppen sehr groß (N > 30 pro Untergruppenkombination), dann darfst du einfach normal weitermachen und die Ergebnisse der parametrischen ANOVA aus Schritt 3 interpretieren.

 

Gibt es in deinem Datensatz ernsthafte Probleme, müsstest du nun eigentlich auf das nicht-parametrische ANOVA-Äquivalent, dem Kruskal-Wallis-Test ausweichen. Der hat aber leider nicht die Möglichkeit Interaktionen zu testen und das wollen wir ja eigentlich.

 

Daher haben wir dir in unserem ANOVA-Kurs ein Skript geschrieben, dass dir erlaubt, die bisherige ANOVA einfach weiter zu verwenden, allerdings überführen wir sie nun in eine robuste Form. Das heißt, wir machen sie unempfindlich gegenüber gravierender Annahmeverletzungen (das ist wirklich cool und viel eleganter als eine nicht-parametrische ANOVA).

 

Dafür bauen wir in die ANOVA ein sogenanntes Bootstrapping-Verfahren ein, dass mit Hilfe von 2000 Stichproben mit Zurücklegen eine robuste Teststatistik errechnet, aus der dann wiederum ein robuster p-Wert und eine robuste Effektstärke abgeleitet wird.

 

Was du dir hier nur merken musst ist, dass du weiterhin eine relativ normaldesignte ANOVA rechnen kannst, die wir aber unempfindlich auf mögliche Annahmeverletzungen gemacht haben.

 

Einen Code zu schreiben, der das kann und den du total einfach an deine Studie anpassen kannst, hat meinen R-Spezialisten Simon ziemlich viel Zeit und Nerven gekostet, aber ich finde es hat sich gelohnt!

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Schritt 5 – Effekte untersuchen

 

Egal welche ANOVA du gerechnet hast, die Ergebnisse liegen vor. Nun kannst du anhand der Signifikanzen entscheiden, welchen Effekt du weiter untersuchen möchtest: die Interaktion oder eine oder beide Haupteffekte? Die Antwort findest du im ersten Teil des Artikels – nur soviel – ist die Interaktion signifikant, kannst du die Haupteffekte ignorieren.

 

Hast du vorher eine parametrische ANOVA (also die ganz normale) gerechnet, machst du nun mit den t-Tests weiter, um deine Effekte zu verstehen. An dieser Stelle solltest du ggf für multiple Vergleiche korrigieren. Dabei gibt es verschiedene Methoden, wie z.B. die Bonferroni- oder die Holm-Korrektur, die unterschiedlich streng sind.

 

Je nachdem welche Effekte dich interessieren, kannst du dabei unterschiedlich vorgehen. In unserem Kurs zeigen wir dir genau wie das geht.

 

Hast du dich vorab für eine robuste ANOVA entschieden, machst du mit YUEN-Tests weiter, die ebenfalls robust sind und für multiples Testen korrigiert wurden.

 

Und da nicht nur die Signfikanz eines Tests wichtig ist, sondern auch die Stärke des Effekts (die sich übrigens nicht allein an der Signfikanz festmachen lässt), solltest du nun noch Effektstärken berechnen. In unseren Vorlagen erledigen wir das gleich automatisch mit, genau wie die dazugehörigen Konfidenzintervalle, die du benötigst, sobald es in Richtung einer Publikation gehen soll. 

 

 Schritt 6Geplante Kontraste

 

Hattest du vorab feste Hypothesen definiert, solltest du über eine elegante Alternative zu t-Tests nachdenken – die geplanten Kontraste. Geplante Kontrast ersetzen innerhalb eines Rechenschritts viele einzelne t-Tests und sind daher sehr praktisch.

 

Allerdings kann es ein bisschen schwierig sein sie anzulegen, in unserem Kurs haben wir daher viele verschiedene geplante Kontraste für dich entworfen, so kannst du direkt loslegen:

Wähle einfach einen Kontrast aus, der deine Hypothese widerspiegelt und schon bist du fertig mit deiner Datenanalyse.

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Schritt 7 – Grafik erstellen

 

Keine Statistik ohne schicke Grafik. Natürlich hast du schon deine Grafik aus Schritt 1, aber für eine Dissertation oder Publikation muss mehr her. Daher solltest du dir noch einmal genug Zeit nehmen, deine Grafik aufzuhübschen. Verwendest du unseren Kurs, kannst du das direkt mit Hilfe unseres letzten Skripts ratz fatz erledigen. Wir haben dabei extra darauf geachtet, dass du sie sowohl für deine Dissertation als auch für eine mögliche Publikation verwenden kannst und alle notwendigen Anforderungen erfüllt sind. 

 

Schritt 8 – Berichte die ANOVA im Methoden- & Ergebnisteil

 

Jetzt kommen wir zum finalen Teil, dem Berichten der ANOVA für Gruppenvergleiche im Ergebnis- und Methodenteil.

Hier gehst du folgendermaßen vor:

Methodenteil:

Zuerst beschreibst du im Methodenteil genau, welche Art der ANOVA du gerechnet hast, wie du dabei vorgegangen bist, welche Parameter du später wofür im Ergebnisteil berichten wirst und wie diese einzuordnen sind.

 

Für die ANOVA für Gruppenvergleiche aus unserem Beispiel würdest du beispielsweise berichten, dass du eine Zwischensubjekt-ANOVA mit den Faktoren Schmerzmittel (Ibuprofen vs. Paracetamol) und Dosis (hoch, mittel, niedrig) bzgl. ihrer Auswirkung auf die abhängige Variable Wirkdauer getestet hast.

 

Du solltest ebenfalls nennen, dass dies in den Haupteffekten Schmerzmittel und Dosis, sowie der Interaktion Schmerzmittel x Dosis resultierte. Weiterhin solltest du nennen, dass du im Falle einer signifikanten Interaktion diese mit Hilfe von post-hoc t-Tests weiter ausdifferenziert hast, und signifikante Haupteffekte nur dann weiter untersucht hast, falls die Interaktion nicht signifikant wurde. Verwendest du geplante Kontraste anstelle der t-Tests kannst du dies alternativ berichten.

 

Nenne auch, dass du die Annahmen der ANOVA geprüft hast und ob und wie du vorgegangen bist, falls die Annahmen nicht erfüllt wurden. In unserem Beispiel könntest du berichten, dass du eine robuste ANOVA berechnet hast, die mit Hilfe von Bootstrapping über 2000 Stichproben eine robuste Teststatistik ermittelt hat und die gefundenen Effekte anhand von Yuen-Tests weiter untersucht wurden.

 

Am Schluss solltest du aufzählen, welche Effektstärken du berechnet hast und wie diese zu interpretieren sind. Gib dazu Werte an, die vermitteln, was für die jeweilige Effektstärke ein kleiner Effekt, ein mittlerer Effekt und ein großer Effekt ist. Dies hilft dem Leser, deine Ergebnisse später zu bewerten.

Auf diese Weise hat dein Leser die Möglichkeit, dein Vorgehen genau nachzuvollziehen.

 

Ergebnisteil:

Im Ergebnisteil berichtest du nun die Ergebnisse der ANOVA. Schreib hier auf keinen Fall noch einmal über dein statistisches Vorgehen, das gehört in den Methodenteil. Berichte ausschließlich, was die ANOVA ergeben hat.

In unserem Beispiel würdest du berichten, dass sich innerhalb der ANOVA eine signifikante Interaktion Schmerzmittel x Dosis ergeben hat, die im Rahmen der post-hoc Testung ergab, dass die Wirkdauer beider Schmerzmittel mit steigender Dosis anstieg. Hierbei zeigte sich allerdings, dass dieser Anstieg für Ibuprofen von der mittleren zur hohen Dosis weniger stark ausfiel als für Paracetamol, sodass die signifikant höhere Wirkdauer von Ibuprofen im Vergleich zu Paracetamol, die in der niedrigen und mittleren Dosis zu finden war, in der hohen Dosis verschwand.

 

Folgendes solltest du beachten:

  • Berichte sowohl die statistischen Kennwerte der Interaktion, als auch alle relevanten post-hoc Tests samt Effektstärken.
  • Konzentriere dich inhaltlich auf die Effekte, die dich wirklich interessieren. Es ist nicht unbedingt notwendig jeden Untertest zu berichten. Belege dabei jede wertende Aussage mit einem dazugehörigen (signifikanten) Tests.
  • Berichte auch immer wieder deskriptive Statistiken, damit der Leser die wirkliche klinische Bedeutung der Effekte erkennen kann.
  • Berichte deine Ergebnisse objektiv, diskutieren und klinisch bewerten darfst du sie hier noch nicht. Das erfolgt in der Diskussion.

Wie du siehst, ist der Ergebnisteil eine recht objektive Sache, bei der du deine Resultate relativ neutral berichten solltest. Das kann manchmal langweilig wirken, ist aber notwendig, um die Grundordnung des wissenschaftlichen Schreibens einzuhalten.

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Schritt 9 – Die klinische Bewertung deiner Effekte

 

Prinzipiell hast du nun alles statistisch relevante erledigt – aber meiner Meinung nach fehlt noch das Wichtigste: Du musst deine Effekte noch klinisch interpretieren und bewerten. Das liegt daran, dass statistische Effekte Systematiken ausdrücken, die dir helfen sollen, abzuschätzen, ob deine gefundenen Ergebnisse verlässlich sind oder nur zufällig.

 

Die statistische Bedeutung eines Effekts ist somit nur die eine Seite der Medaille – die zweite ist die klinische Bedeutsamkeit des Effekts, dessen Bewertung du niemals vergessen solltest. Es kann z. B. sein, dass du hochsignifikante Effekte mit großen Effektstärken hast, die ermittelten Gruppenunterschiede aber minimal sind.

 

Welche klinische Relevanz hätte z. B. ein hochsignifikanter Haupteffekt Schmerzmittel, der dir anzeigt, dass Ibuprofen im Mittel  3 Minuten länger wirkt als Paracetamol? Genau, so gut wie keine.

 

Du solltest deine Effekte also immer anhand der deskriptiven Statistik klinisch einordnen. Diese klinische Bewertung erfolgt dabei nicht im Ergebnisteil, sondern erst später in der Diskussion. Im Ergebnisteil konzentrierst du dich einzig und allein darauf, deine Effekte objektiv zu berichten.

 

 

Hast du alle Schritte durchlaufen, hast du die ANOVA gemeistert:

Vom Aufbau des Datenfiles bis zur kritischen Einordnung der Ergebnisse.

Herzlichen Glückwunsch!

 

 

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