Wie schreibt man den Methodenteil einer medizinischen Dissertation?

Wie schreibt man den Methodenteil einer medizinischen Dissertation?

In meinem vorherigen Artikel habe ich dir erklärt, warum es absolut notwendig ist, die Einleitung nicht am Anfang, sondern erst ganz am Ende deiner wissenschaftlichen Arbeit zu schreiben – du erinnerst dich? (Wenn nicht, kannst du die Gründe noch einmal in diesem Artikel nachlesen)

 

Stattdessen empfehle ich, immer zuerst mit dem Methodenteil zu beginnen. Warum?

 

Weil dir das Schreiben des Methodenteils helfen wird, deine Studie noch einmal zu strukturieren, sodass du ein gutes Grundgerüst für alle weiteren Teile hast.

 

In diesem Artikel werde ich dir daher genau erklären, WIE du den Methodenteil schreibst und WAS alles darin enthalten sein muss.

 

Elementar wichtig ist dabei aber zu verstehen, WARUM du den Methodenteil überhaupt schreiben musst.

 

In der Forschung streben wir alle nach Erkenntnisgewinn – wir versuchen also herauszufinden, wie die Welt / das Gehirn / unser Körper oder was auch immer funktioniert. Dazu eignen sich am besten Studien, die möglichst gut designt und ausgewertet wurden.

Ein Kriterium für eine gute Studie ist dabei die Replizierbarkeit der Ergebnisse – und genau die stellt ein guter Methodenteil sicher.

Der Methodenteil ist nämlich nichts anderes als eine genaue Anleitung, die anderen Forschern ermöglichen soll, die Untersuchung zu wiederholen  – bei hoffentlich gleichen Resultaten.

 

Mich ärgert es daher sehr, wenn ich Publikationen lese, die ungenau geschrieben sind.

Wenn du nun also beginnst, deinen Methodenteil zu schreiben, überlege genau, welche Informationen der Leser bräuchte, um deine Studie nachzubauen.

 

WAS muss nun in den Methodenteil einer medizinischen Promotion hinein?

 

Lade dir hier die Checkliste für deinen Ergebnis- und Methodenteil kostenlos herunter

Checkliste für deinen Methodenteil

Für ein gelungenes Manuskript brauchst du 7 Teilbereiche. Du beginnst dabei eher breit mit der Beschreibung deines Studiendesigns und gehst dann immer mehr ins Detail, bis du bei der Statistik angekommen bist. So gelingt dann auch der perfekte Übergang zum Ergebnisteil.

Aber erstmal von vorn:

 

1. Das Studiendesign:

 

In diesem Abschnitt müssen die Grundzüge deiner Studie kurz und prägnant dargelegt werden:

Welche Art von Studie wurde durchgeführt? Bsp: Eine Beobachtungs- oder eine Interventionsstudie?

Wie wurden die Daten erhoben? Rückwirkend aus Akten (retrospektiv) oder während der laufenden Studie (prospektiv)?

Wie viele Patienten wurden insgesamt gemessen?

In welchem Zeitraum wurden Patienten in die Studie aufgenommen und untersucht? Bsp: Alle Patienten, die von Mai bis Oktober 2019 in Klinik x behandelt wurden und die Aufnahmekriterien erfüllten.

Welche Interventionsgruppen gab es? Bsp: Vergleich einer neuen vs. einer erprobten Operationsmethode.

Wie wurden die Patienten den Interventionsgruppen zugeordnet?  – Hier bitte die Art der Randomisierung und das Verhältnis der Gruppengrößen zueinander (1:1, 1:3 o. Ä.) angeben.

Im diesem Abschnitt bekommt der Leser also eine sehr knappe Zusammenfassung der Studie, deren Teilaspekte dann in den folgenden Abschnitten vertieft werden.

 

 

2. Das Ethikstatement:

 

Hier dreht sich alles um das Thema Patientenschutz. Es müssen dabei folgende Punkte angesprochen werden:

Der Name der Ethikkommission, bei der das Ethikvotum eingeholt wurde (inkl. der Registrierungsnummer der Studie im Deutschen Register klinischer Studien und der Nummer des Ethikantrags).

Ein Verweis darauf, dass die Studie z.B. die Richtlinien der Deklaration von Helsinki (2004) eingehalten hat.

Die Bestätigung darüber, dass alle Patienten über den Inhalt und den Ablauf der Studie informiert wurden.

 

Außerdem ein Vermerk, dass der Untersucher Sie darüber aufgeklärt hat, dass es ihr Recht war die Teilnahme an der Studie ohne negative Konsequenzen zu jedem Zeitpunkt abzubrechen.

Die Belehrung der Patienten muss dabei schriftlich durchgeführt und dokumentiert werden (via Aufklärungsbogen mit Unterschrift von Untersucher und Patienten).

Ihr merkt wahrscheinlich schon beim Lesen, dass das Ethikstatement einer festen Formulierung folgt. Man kann sie sehr gut aus den meisten deutschen oder englischen Publikationen abschreiben und an die eigene Studie anpassen.

 

 

3. Die Patientenpopulation:

 

Dieser Abschnitt beschreibt, wie die Teilnehmer der Studie gefunden wurden und welche Kriterien sie erfüllen mussten, um teilnehmen zu dürfen. Dabei werden drei Bereiche adressiert:

Rekrutierungsmethoden: Hier muss beschrieben werden, wie die Patienten für die Studie rekrutiert wurden (z.B. alle Patienten mit einer akuten Sinusitis, die vom Hausarzt in die Klinik überwiesen wurden)

Aufnahmekriterien:  An dieser Stelle müssen nun die Merkmale genannt werden, die ein Patient erfüllen musste, um an der Studie teilnehmen zu dürfen

Ausschlusskriterien:  Hier werden logischerweise die Merkmale aufgeführt, die ein Patient nicht haben durfte, da er sonst von der Teilnahme ausgeschlossen wurde.

 

Kurz, knackig, das reicht.

 

 

4. Die Intervention:

 

Hast du eine Interventionsstudie durchgeführt, muss in diesem Teil beschrieben werden, WIE die Interventionen aussahen, die von den Patienten durchlaufen wurden.

Dabei ist besonders wichtig, dass vorab ein grober Ablaufplan beschrieben wird. Hier muss erläutert werden, wann und wie oft ein Patient untersucht / behandelt wurde und was während der einzelnen Termine geschah.

Es könnte z.B. dargelegt werden, dass der Patient nach Aufnahme und Zustimmung zur Studienteilnahme eine erste Untersuchung bzgl. der Parameter abc bekam, um Baselinewerte für die Zielvariablen der Studie zu bekommen, sowie demografische Merkmale und die Krankheitsgeschichte des Patienten notiert wurden.

Im Anschluss sollte der weitere Ablauf beschrieben werden, dass also je nach zugeordnetem Studienarm Intervention A oder B durchgeführt wurde und dann zu den Zeitpunkten 1, 2, 3 die schon in Prä erhobenen klinischen Zielvariablen noch einmal erhoben wurden. Das reicht.

 

Im nächsten Schritt muss nun die durchgeführte Intervention im Detail beschrieben werden.  

 

Die Kunst ist es dabei, den feinen Grad zwischen zu viel und zu wenig Information zu finden. Der Leser muss verstehen können, was genau gemacht wurde, damit er es nachmachen oder zumindest die fachliche Sinnhaftigkeit der Intervention beurteilen kann.

Eine detaillierte Beschreibung absoluter Selbstverständlichkeiten (Und dann wurde dem Patienten der Ärmel hochgekrempelt, ein venöser Zugang gelegt und mit einem Pflaster fixiert …) sollte aber unbedingt vermieden werden.

Stattdessen können man eher schreiben: Während der gesamten Intervention wurden Sauerstoffsättigung und Puls (Produktname des Messgeräts, Firma ) überwacht.

Es sollten also alle verwendeten Geräte / Medikamente inkl. der wichtigsten Parameter (Einstellungen / Dosierungen)  genannt werden. Außerdem müssen sämtliche Abbruchkriterien beschrieben werden, also die klinischen Grenzwerte, die nicht überschritten werden durften, um die Intervention durchführen zu können.

Am Ende dieses Abschnitts muss dann nur noch der Ablauf der post-interventionellen Phase, also der Zeit nach der Intervention beschrieben werden – wiederum mit allen erhobenen Parametern, zeitlichen Abständen, verwendeten Medikamenten und Messverfahren.

 

 

5. Die klinischen Endpunkte:

 

Hat man die Beschreibung der Intervention erledigt, müssen die verschiedenen Zielparameter der Studie definiert werden.

Hier unterscheidet man zwischen den primären und sekundären Endpunkten.

Primäre Endpunkte könnten z.B. beim Vergleich zweier OP-Methoden, von denen die neue deutlich schonender sein soll, die Anzahl der aufgetretenen Komplikationen sein oder der Verlauf und die Höhe der Schmerzkurve in der post-interventionellen Phase.

Die primären Endpunkte sind also die wichtigsten Zielparameter der Studie, da sie die Kernhypothesen in messbare Werte übersetzen. Sie sollten daher fehlerfrei und für absolut jeden Messzeitzeitpunkt erhoben werden.

Die sekundären Endpunkte sind ebenfalls interessante Variablen, aber ein bisschen weniger wichtig. Sie komplementieren den Wissensgewinn, kommen aber in den Hypothesen eher weiter hinten.

Für jeden klinischen Endpunkt, ob primär oder sekundär, muss beschrieben werden, WIE, WOMIT, DURCH WEN und WIE OFT er gemessen wurde.

Außerdem muss erläutert werden, ob eine Verblindung des Untersuchers und / oder des Patienten stattfand sowie wo und wie die Ergebnisse dokumentiert wurden.

 

Wichtig: Die Reihenfolge der klinischen Endpunkte sollte die der Hypothesen in der Einleitung widerspiegeln und sich auch im Ergebnisteil wiederholen.

Das erleichtert das Leseverständnis enorm. Gibt es thematische Teilbereiche (z.B. Verhaltensdaten und physiologische Daten), die verschiedene Aspekte einer Fragestellung untersuchen, sollten auch diese getrennt und immer in der gleichen Reihfolge abgehandelt werden.

 

Hat man einen präzisen Methodenteil geschrieben, weiß der Leser danach nicht nur, wie er die Studie replizieren kann, sondern auch, welche Störvariablen sich ggf. negativ auf die Messung ausgewirkt haben könnten. Das ist besonders für mögliche Gutachter der Studie sehr wichtig.

6. Fallzahlschätzung

 

Du merkst wahrscheinlich schon, dass wir uns immer mehr in Richtung Auswertung bewegen. Vorab wird aber mittlerweile in fast jeder Publikation (und somit garantiert auch in deiner Dissertation) eine Fallzahlschätzung verlangt.

Eine Fallzahlschätzung leitet anhand vorheriger Studien, die ähnliche Fragestellungen bearbeitet haben, die benötigte Größe deiner Stichprobe ab. Berücksichtigt werden müssen dabei die Effektstärken der Studien, an denen du dich orientierst, und dein Studiendesign, denn daraus resultieren die zu verwendenden statistischen Verfahren, die du im Rahmen der Fallzahlschätzung modellierst.

Anhand dieser Parameter kannst du dann mithilfe eines geeigneten Programms (z.B. GPower) die Mindestgröße deiner benötigten Studienpopulation berechnen.

Die Schätzung muss also schon vor Beginn der Studie erfolgen, meistens schon vor dem Antrag an die Ethikkommission oder wenn der Drittmittelantrag geschrieben wird. Es lohnt sich also, dort einmal hineinzusehen und die Parameter dann einfach zu übernehmen.

7. Statistische Analyse

 

Jetzt kommen wir zum letzten Abschnitt des Methodenteils. Hier berichtest du, was du mit den erhobenen Daten gemacht hast. Genau wie bei der Beschreibung der Intervention musst du auch hier möglichst genaue Angaben über deine Analyseschritte machen, aber gleichzeitig darauf achten, überflüssige Informationen zu vermeiden.

Du beginnst dabei immer mit der deskriptiven Statistik. Der erste und wichtigste Satz ist dabei immer, dass die kontinuierlichen Variablen auf Normalverteilung geprüft wurden. Aus diesem Test leitet sich nämlich die Klasse der zu verwendenden statistischen Verfahren ab – also ob du parametrische oder nicht-parametrische Verfahren verwenden kannst.

 

Im nächsten Schritt solltest du beschreiben, wie du mit den verschiedenen Messniveaus deiner Variablen umgegangen bist.

 

Wie wurden deine metrischen Variablen (z.B. das Alter deiner Patienten) dargestellt, wie die ordinalen (z.B. Ratingskalen) und wie die nominalen (z.B. das Geschlecht).

Je nach Verteilung deiner Daten kann es sinnvoll sein, die kontinuierlichen Variablen als Mittelwerte und Standardabweichungen oder aber als Mediane und Quartile zu beschreiben. Nominale Daten sollten als absolute und relative Anteile dargestellt werden.

 

Im dritten Schritt beschreibst du nun die statistischen Verfahren, die du verwendet hast. Dabei sollten auch die wichtigsten Parameter innerhalb der Verfahren genannt werden. Dazu zählen z.B. die Faktorstruktur der ANOVAs oder der verwendete Algorithmus der Regressionen, aber auch die Tests, die für jede Hypothese und für jeden Datentyp benutzt wurden (inkl. der Follow-up-Tests).

Wichtig ist außerdem, die berichteten Effektstärken und deren Interpretation zu nennen (Welchem Wert entspricht ein kleiner, mittlerer oder großer Effekt?) und aufzuzeigen, inwiefern für multiple Vergleiche korrigiert wurde und wie mit fehlenden Werte verfahren wurde.

Generell ist es sehr wichtig, die statistische Analyse so zu beschreiben, dass der Leser die Auswertung wiederholen kann. Es hat außerdem den Vorteil, dass der Leser den folgenden Ergebnisteil besser versteht.

 

Und ganz wichtig: Eine genaue Beschreibung erlaubt späteren Studien eine bessere Fallzahlenschätzung – zumindest, wenn du auch den Ergebnisteil ordentlich schreibst.

 

Hast du diesen Punkt erreicht, kannst du direkt zum Resultateteil übergehen, denn den hast du jetzt perfekt vorbereitet.

Bevor du weitermachst, achte darauf, dass alle Ergebnisse vorliegen, wenn du mit dem Schreiben beginnst. Aber dazu mehr in meinem nächsten Artikel …

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